Zum Auffrischen und Schmunzeln . . .
. . . sind diese Museums-Seiten hier gedacht, denn viele wissen nicht mehr oder noch nicht, wie es damals angefangen hat und wie das wirklich funktioniert mit den Tonband- und den Magnetbandgeräten aus alter Zeit. Viele Bilder können Sie durch Anklicken vergrößern, auch dieses.
Die Entwicklung und Verbreitung des VHS Systems.
von Friedrich Sambs - im Januar 2012
Vom "open-reel" zur Kassette
Seit 1964 wurden semiprofessionelle "open-reel" Geräte von verschiedenen Herstellern angeboten. Doch diese waren noch so teuer, dass sich die Käuferschicht hauptsächlich auf Firmen, Behörden, Institutionen und das Militär beschränkte.
Bereits Anfang der 70er Jahre hatte die Weiterentwicklung der Videotechnik so große Fortschritte erzielt, dass viele namhafte Hersteller begannen, Videosysteme zu entwickeln, die für die breite Masse gedacht waren.
Die meisten vorhandenen Videosysteme vor dem VHS System waren für die Verwendung als Unterhaltungsmaschine für die breite Masse aus mehreren Gründen weniger geeignet und noch viel zu teuer. Die hauptsächlich in den 60er und frühen 70er Jahren verbreiteten "open-reel" Videogeräte waren groß, schwer und verfügten nicht über ein eingebautes Empfangsteil. Der Betrieb solcher Geräte an einem handelsüblichen Fernseh-Empfänger war ebenfalls problematisch, denn zur damaligen Zeit verfügten die meisten Heimempfänger über keine Möglichkeit, ein Videogerät direkt anschließen zu können (Cinch oder AV-Buchse).
Für den Betrieb war im Videorecorder ein sogenannter HF-Modulator erforderlich, der das Videosignal meist in den UHF-Bereich umsetzte. Dieses Signal konnte dann über eine ganz normalen Fernsehkanal in jeden Empfänger über ein Antennenkabel eingespeist werden und wurde vom geräteeigenen Tuner wieder in das ursprüngliche Videosignal zurückgewandelt.
Die damaligen Videogeräte-Modelle verfügten im allgemeinen nicht über einen solchen HF-Modulator, denn die Gerätehersteller boten zusammen mit dem Gerät auch den passenden Monitor an. Warum die damaligen Fernseh-Empfänger über keine AV-Buchse verfügten begründete sich darin, dass der Videorecorder noch nicht von der breiten Masse genutzt wurde. Also ergab sich für die Industrie nicht die Notwendigkeit, die Geräte mit einem audio-visuellen Eingang auszustatten. Technisch war das Nachrüsten eines Heimempfängers mit einer AV-Buchse möglich und wurde im Einzelfall auch von spezialisierten Werkstätten durchgeführt. Der nötige Aufwand war aber durch die damalige Bauweise der Geräte mitunter erheblich (Netztrennung).
Da in der Regel kein Empfangsteil zur Verfügung stand, blieb nur die Möglichkeit der Aufzeichnung mittels einer Videokamera, bzw. die Überspielung einer Aufzeichnung von einem anderen Videogerät. Einige Hersteller boten erweiterte Basismodelle mit zusätzlichen Empfangsteilen und mit Monitor an. Diese Geräte waren aber nicht nur wesentlich größer, sondern auch deutlich teurer und wurden daher nicht viel verkauft.
Das Einlegen des Bandes von der Spule um die Kopftrommel und allen bandführenden Teilen war bei den "open-reel" Gerätetypen schon umständlich. Durch den direkten Kontakt mit der Kopftrommel war auch die Gefahr der Beschädigung der Videoköpfe gegeben.
Die Speicherkapazität (Aufnahmedauer) dieser Geräte je nach Fabrikat und System betrug höchstens 70 Minuten, so dass es nicht möglich war, einen Spielfilm in voller Länge auf einer Bandspule aufzuzeichnen. Außerdem konnten viele Geräte nur in schwarz-weiß aufzeichnen und wiedergeben. Farbtaugliche Recorder gab es Anfang der 70er Jahre bereits, die waren aber teurer als schwarz-weiss Recorder. Magnetbandmaterial war ebenfalls recht teuer in der Anschaffung.
Zu viele Knöpe und zu kompliziert
Ein weiterer, wichtiger Schritt für die Verbreitung des Videorecorders als Massenerzeugnis war die Notwendigkeit seitens der Industrie, die Bedienung eines solchen Gerätes auf ein Minimum zu beschränken. Gerade in der damaligen Zeit glaubten viele Kunden, ein Videorecorder sei eine kompliziert zu bedienende Apparatur und nur von technisch versiertem Personal zu bedienen. Dies zu wiederlegen war eine Notwendigkeit seitens der Industrie, um den Umgang mit der Videotechnik auch dem technischen Laien zu vermitteln.
Um den Videorecorder für den Massenmarkt zu erschließen, mussten folgende Voraussetzungen erfüllt werden:
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- Kompakte und möglichst leichte Bauform, gute Integrationsmöglichkeit in vorhandenes Mobiliar (z.B. Fernsehtisch).
- Fernsehprogramme sollten auch in Farbe aufgezeichnet werden können.
- Die maximale Spielzeit sollte die Aufzeichnung eines Spielfilms in voller Länge auf einer Cassette ohne Unterbrechung ermöglichen.
- Das Gerät soll über ein eigenes Empfangsteil (Tuner) verfügen, um das Aufzeichnen von TV-Programmen unabhängig vom Fernsehgerät zu ermöglichen.
- Der Anschluss des Recorders soll an jedes handelsübliche TV-Gerät, gleich ob es sich um einen Farbempfänger oder noch um ein älteres S/W gerät handelt, möglich sein.
- Das Band soll sich in einer Cassette befinden, welche einen ausreichenden Schutz gegen Verschmutzung und Beschädigung gewährleistet und die Handhabung vereinfacht.
- Die Bedienung des Gerätes muss möglichst einfach sein, so z. B. durch automatische Aussteuerung von Bild und Ton, Schutzmechanismen gegen Fehlbedienung, z.B. automatische Abschaltung bei längerem Standbildbetrieb, etc.
- Der Anschaffungspreis von Recorder und Cassette soll ein möglichst breites Publikum ansprechen.
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Beispiele für frühe Farb-Video Cassettenformate:
Anfang der 70er Jahre wurde von der europäischen Geräteindustrie (federführend Grundig und Philips) das Farb-Videocassettensystem VCR (Abkürzung für „Video Cassette Recording“) eingeführt. VCR war als Consumer-Videosystem entwickelt worden, dieses Format war jedoch systembedingt mit einigen Kinderkrankheiten behaftet, die bei den Geräten der zweiten Serie abgemildert, jedoch nicht vollständig behoben werden konnten.
Die Bildauflösung (Video-Qualität) war bei der ersten Geräteserie noch recht bescheiden, wurde aber bei der zweiten Geräteserie verbessert. Der hohe Kaufpreis für eine Videocassette bei einer anfänglichen Spielzeit von nur 60 Minuten war ein weiterer Grund, warum VCR der Durchbruch als Videosystem für die breite Masse nicht gelang. Dennoch war die Verbreitung insbesondere auf dem institutionellen Sektor beachtlich.
Die U-matic von Sony
Sony entwickelte vor dem Betamax System ein 3/4" Video-Cassettensystem (U-matic), welches ursprünglich als Consumer-Videosystem gedacht war. Obwohl U-matic eine deutlich bessere Qualität und Betriebssicherheit als VCR aufwies, konnte sich dieses System als Videorecorder für die breite Masse nicht durchsetzen.
U-matic Geräte waren wesentlich teurer in der Anschaffung als VCR Recorder, außerdem sehr groß, sehr schwer und darum unhandlich, und mehr als 60 Minuten Spielzeit war auch hier nicht zu erwarten. Auf Grund der hohen Qualität konnte sich das U-matic System jedoch schnell als semiprofessionelles Videosystem etablieren und fand weite Verbreitung in der Werbebranche, in Forschung, Medizin und als audiovisuelles Lehrmittel an Schulen, Instituten und Behörden.
In der weiterentwickelten "high band" Version wurden tragbare U-matic Recorder vermehrt auch in der elektronischen Berichterstattung eingesetzt.
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Das Cardridge System von National-Panasonic und Hitachi
Das farbtaugliche Cardridge (englischer Ausruck für Kassetten) System von National-Panasonic und Hitachi entsprach technisch (bezüglich des Aufzeichnungsformates) dem "open-reel" "Japan Standard 1 Format". Das Videoband (auf einer Spule) war jedoch in einem Kunststoff-Gehäuse untergebracht, welche als Cardridge ausgeführt war.
Hierbei handelte es sich nicht um ein vollwertiges Video-Cassettensystem, denn die Cartridge beinhaltete nur eine Spule mit dem Magnetband, die Aufwickelspule war fest im Videorecorder installiert. Wollte man die Cardridge aus dem Gerät entnehmen, so war ein vollständiges Rückspulen des Bandes zwingend erforderlich. Dies war im Vergleich zu anderen Cassettenformaten ein eindeutiger Nachteil. Qualitativ war das Cardridge System, bezogen auf ein 1/2"- Videoformat, recht beeindruckend. Die Laufzeit betrug maximal 60 min.
Einerseits fanden diese frühen Videocassetten-Systeme bereits kurz nach ihrer Einführung recht guten Anklang aber der Durchbruch als Unterhaltungsmaschine für die breite Masse gelang ihnen nicht. Dies wurde erstmals durch die Einführung der konkurrierenden Videocassetten-Systeme VHS, Betamax und Video 2000 erreicht.
Die Markteinführung des VHS-Systems, technische Merkmale:
Die Entwicklung von VHS durch den japanischen Konzern JVC begann bereits in den frühen 70er Jahren und wurde erstmals 1976 in den USA eingeführt. Diese für den amerikanischen Markt entwickelten US-Modelle konnten bereits von Beginn an einen Spielfilm in voller Länge aufzeichnen, verfügten jedoch noch nicht über die Spieldauer von 3 Stunden, so wie man es von den ersten europäischen VHS Gerätemodellen her kannte.
VHS (Abkürzung für „Video Home System“) unterschied sich zu seinem Vorgängermodellen hauptsächlich in der höheren Aufzeichnungsdichte und die dadurch ermöglichte längere Spieldauer. Bei Videorecordern bisheriger Bauart war ein kleiner Abstand („Rasen“) zwischen den Videospuren nötig. Da dieser Zwischenraum technisch nicht genutzt werden konnte, resultierte dadurch zwangsläufig ein hoher Bandverbrauch. Dies war einer der Gründe für die geringe Spieldauer früherer Systeme, wollte man die Handlichkeit der Bandspule beibehalten.
Beim VHS System verzichteten die Entwicklungsingenieure auf die bisher notwendigen Zwischenräume, wodurch sich die Spielzeit erheblich verlängerte und eine wirtschaftlichere Nutzung des Magnetbandes zuließ. Es wurde Spur an Spur geschrieben, um das sonst unausweichliche Übersprechen zu verhindern, wurde der Kopfspalt der Videoköpfe nicht mehr senkrecht, sondern in einem bestimmten Winkel gegenseitig zueinander gesetzt. Eine störende gegenseitige Beeinflussung der Magnetspuren wurde dadurch weitgehend vermieden. Noch vorhandene Störkomponenten (hauptsächlich im Farbsignal) wurden durch die Elektronik (Kammfilter) ausreichend unterdrückt.
Als weitere Maßnahme zur Verlängerung der Spielzeit wurde die Breite der Videospuren wesentlich reduziert. Dadurch können auf einer definierten Bandlänge mehr Videospuren geschrieben werden, die Aufzeichnungsdichte wird merklich erhöht. Das Schreiben von Schrägspuren ohne Zwischenräume (Azimut-Aufzeichnung) war aber bereits vor der Entwicklung von VHS bekannt.
Die recht geringe Baugröße der Geräte im Vergleich zu den bisher existierenden Modellen wurde auch durch die wesentliche Verkleinerung des Kopftrommel-Durchmessers im Vergleich zu den bisher bekannten Systemen erreicht. Allerdings erkaufte man sich dadurch auch einige qualitative Nachteile.
Mit den bisher üblichen Ferrooxid Bändern konnte man bei gleichbleibender Bildqualität weder Bandgeschwindigkeit noch Spurbreite weiter herabsetzen, denn diese Bandsorten hatten für VHS-Spezifikationen eine zu geringe Speicherdichte und waren damit nicht geeignet. Ohne geeignetes Bandmaterial hätte man das VHS System nicht in der bekannten Form entwickeln können. Denn bei dem bisher verwendeten Ferrooxid-Bandmaterial waren hohe Bandgeschwindigkeiten sowie große Spurbreiten für eine gute Bildqualität unabdingbar.
Nach der erfolgreichen Einführung von VHS in den USA (ca. 1976) wurde dieses Videoformat 1979 in Europa eingeführt. Sony führte sein Betamax-System nach einer ebenfalls mehrjährigen Testphase in den USA dann 1978 in Europa ein. Das Betamax System war ebenfalls ein ausschließliches Consumer-Videosystem und verfolgte das gleiche Marktziel wie VHS und Video 2000, nämlich die Einführung und Produktion von Langspiel-Videosystemen für die breite Masse.
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Video 2000, entwickelt von Philips und Grundig, war die europäischen Antwort auf die japanische Konkurrenz. Durch die automatische Spurnachführung war Video 2000 vorerst allen anderen Videosystemen im Vorteil, denn es ermöglichte eine störungsfreie Wiedergabe der Suchlauf-Funktionen sowie ein einwandfreies Standbild.
Außerdem bot Video 2000 die Möglichkeit, die Cassette zu wenden und erneut in den Recorder einzulegen, so, wie man es von der Compact Cassette her gewohnt war. Trotz dieser echten Innovationen für ein Consumer-Videoformat war der Markterfolg für Video 2000 im Vergleich zu VHS bescheiden. Nicht immer müssen gute Ideen und Innovationen automatisch zum Markterfolg führen, dass sich VHS so durchsetzen konnte, hatte hauptsächlich marktpolitische Gründe.
VHS war bereits von Beginn an ein zuverlässig funktionierendes Videosystem, das einfach zu bedienen und durch seine für damalige Verhältnisse recht kleinen Baugröße in jedem Wohnzimmer gut unterzubringen war. Die Spielzeit der VHS Recorder für den europäischen Markt betrug anfänglich 3 Stunden, welche bald durch weiterentwickelte Cassetten auf 4 und sogar auf 5 Stunden (Cass. Type E 300) erweitert wurde.
Von Beginn an bestand ein großes Angebot an Kauf und Leihcassetten, was mit Sicherheit auch zu einer raschen Verbreitung mit beigetragen hat. Der Anschaffungspreis für Leercassetten wurde bewusst niedrig gehalten, um die Attraktivität von VHS weiter zu erhöhen.
Die Vergabe der VHS Lizenzen
Der Systementwickler JVC ermöglichte durch die Vergabe von Lizenzen nahezu jedem Gerätehersteller, VHS-Recorder mit dem eigenen Markennamen auf dem Markt anzubieten.
Sony vergab für sein Betamax System Fertigungslizenzen nur an wenige Mitbewerber, Philips und Grundig waren mit der Lizenzvergabe an andere Hersteller noch mehr zurückhaltend.
Der große Preisverfall für Unterhaltungselektronik ab Ende der 80er Jahre führte zu einen enormen Preissturz auch auf dem Videogeräte-Sektor. Gründe dafür waren in erster Linie die hohen Stückzahlen (aus japanischer Produktion), rationellere Fertigungsmethoden (als in Europa) und Recordermodelle, welche präziser auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten waren.
Beispiel: Waren die ersten VHS-Geräte nur als vollwertige Recorder erhältlich, so kamen bald Modelle auf dem Markt, die nur als Wiedergabegerät mit vereinfachter Ausstattung konzipiert waren, was den Kaufpreis merklich senkte. Das Aufkommen von Billigmarken vornehmlich aus koreanischer Produktion senkte den Anschaffungspreis nochmals spürbar.
VHS konnte sich so gut auf dem Markt behaupten, dass selbst Hersteller von Videogeräten konkurrierender Systeme ab ca. Mitte der 80er Jahre die Produktion des hauseigenen Videosystems nach und nach einstellten, um Geräte nach der VHS-Norm zu entwickeln und zu verkaufen. Die Ursache dafür war, dass diese Konkurrenzunternehmen einsehen mussten, dass sich VHS immer mehr durchsetzte und somit gezwungen waren, Geräte für den VHS-Standard zu fertigen, wollte man Marktanteile nicht verschenken.
Für viele Videotheken war diese Entwicklung sicherlich ein Segen, musste man doch gerade in den ersten Jahren das gesamte Unterhaltungsprogramm für VHS, Betamax und Video 2000 bereithalten, um jeden Kunden zufrieden stellen zu können. Mit dem allmählichen Wegfall von Betamax und Video 2000 reduzierte sich auch der Lagerbestand der Videotheken merklich.
Der Niedergang der Konkurrenten
Existierten in der Anfangszeit noch drei Consumer-Videosysteme konkurrierend nebeneinander, so zeichnete sich bereits ab Mitte der 80er Jahre ein deutlicher Siegeszug für das VHS System ab. Betamax und Video 2000 konnten sich weder weltweit noch in Europa dauerhaft durchsetzen und verschwanden allmählich vom Markt.
Während Video 2000 völlig in der Versenkung verschwand, wurde Betamax zum professionellen Betacam-Format weiterentwickelt und fand große Verbreitung im Broadcast-Bereich. Man kann diese Entwicklung durchaus mit der des U-matic Systems vergleichen, allerdings mit dem Unterschied, dass sich Betamax im Vergleich zu U-matic als Consumer-Format über einen wesentlich längeren Zeitraum behaupten konnte.
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Das Rennen war entschieden
Das Rennen für VHS war spätestens ab Beginn der 90er Jahre eindeutig entschieden, lediglich Sony konnte sein in den 80er Jahren entwickeltes und eingeführtes Video 8 System neben VHS recht erfolgreich auf dem Markt platzieren. Obwohl es sich bei diesem System hauptsächlich um ein Camcorder-Format handelte und für die Aufzeichnung von Fernsehprogrammen nicht konzipiert worden war, wurden auch Video 8, bzw. Hi 8 Recorder mit Empfangsteil für TV-Mitschnitte angeboten.
Bei keinem anderen Videoformat konnte ein solch radikaler Preissturz beobachtet werden, wie es bei VHS der Fall war. Dies hat mehrere Ursachen. So ist der für ein Videoformat sehr lange Zeitraum von nahezu 3 Jahrzehnten dafür ausschlaggebend. In der Anfangszeit kostete ein VHS Recorder der ersten Generation (Stand 1979, je nach Anbieter) etwa 3.200 DM, ab Anfang der 80er Jahre fiel der Preis bereits merklich auf 2700 DM selbst für Markenmodelle ab.
Mit Aufkommen der Billigproduzenten vornehmlich aus Korea kostete ein VHS Recorder Anfang der 90er Jahre nur noch 800 bis 1300 DM, je nach Ausstattung und Modellvariante.
Nach 2000 waren Geräte bereits schon für ca. DM 400.- und darunter zu haben, 2005 wurden VHS Recorder schon für unter 60€ gehandelt. Selbst heute tauchen noch aus Altlagerbeständen vornehmlich in Internet-Auktionen neuwertige und originalverpackte Geräte für einen zweistelligen Betrag im unteren Bereich auf. Neue Geräte werden aber schon seit längerem so gut wie nicht mehr hergestellt.
2007 - Die Produktion wandert aus - die Preise verfallen
Dieser unglaubliche Preisverfall hat mit der Weiter- entwicklung von Herstellungsmethoden, der Halbleiter- technik, der Produktion hoher Stückzahlen sowie mit der Verlegung von Produktionsstandorten in Billiglohnländer zu tun, wie z.B. der Volksrepublik China.
Allerdings hatte dies erhebliche Auswirkungen auf die mechanische Qualität und Stabilität der Produkte. Ein moderner Recorder selbst für 100€ kann qualitativ (bezogen auf den mechanischen Teil) NICHT mit einem Gerät aus den 80er oder 90er Jahren mithalten. Doch die Bild und Tonqualität hat durch die Weiterentwicklung der Elektronik große Fortschritte gemacht und ist damit mit den ersten VHS-Geräteserien nicht mehr zu vergleichen.
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Durch den Einsatz der Mikroelektronik in SMD Technik konnten aufwendigere und zuverlässiger funktionierende Schaltungen kostengünstig auf kleinstem Raum aufgebaut werden, die Fortschritte der Digitaltechnik auf dem Gebiet der Signalverarbeitung trug ebenfalls dazu bei, wie z.B. digitale Rauschminderungssysteme.
Die Zuverlässigkeit und vor allem die Haltbarkeit der mechanischen Komponenten hat bei neueren Gerätemodellen extrem nachgelassen. Waren die Geräte der ersten Generation noch regelrechte Präzisionsprodukte, je nach Hersteller sogar mit Alu-Druckguss-Chassis und einer Vielzahl von bewusst überdimensionierten Bauteilen, so besteht die Mechanik der letzten Gerätemodellen hauptsächlich nur noch aus einem billigen gestanzten und geformten Dünnblechchassis, ein Großteil der Antriebsmechanik besteht aus Kunststoff.
Die Haltbarkeit der Recorder verschlechterte sich zunehmend, bei einem Verkaufspreis von nicht mal 100 bis 150 € (Durchschnittswert) selbst für Markenprodukte aus den letzten Produktionstagen konnte man allerdings auch nicht mehr erwarten. Die gesetzliche Garantiezeit von 2 Jahren ab Kaufdatum überstanden auch die meisten Geräte, danach wurde es bei auftretenden Störungen problematisch, denn eine Reparatur war nicht nur zu teuer, sondern auf Grund von nicht lieferbarer Ersatzteilen oftmals nicht möglich.
Der Wegfall der Ersatzteil- Lagerhaltung vieler Hersteller bewirkte einerseits einen radikalen Preissturz, andererseits waren die Geräte nicht für eine lange Lebensdauer konzipiert. Der Videorecorder wandelte sich vom Präzisionsprodukt zum Wegwerfmodell nach Ende der Garantiezeit, eine Entwicklung, welche die Unterhaltungselektronik allgemein betrifft.
Die Technik der Geräte:
Besonders die ersten VHS Gerätemodelle waren, technisch betrachtet, recht einfach aufgebaut und unterschieden sich in ihrer Schaltungstechnik (Ausnahme: Farbkanal) nicht wesentlich von ihren open reel Vorgängermodellen.
Gemäß der Bauart in den 70er Jahren waren nahezu alle frühen Gerätemodelle noch mit mechanischen Drucktasten für die Laufwerksbedienung (Beispiel: JVC HR 3300) ausgestattet, das Einlegen der Cassette erfolgte auf der Geräte-Oberseite (Toplader). Die erforderliche Zuverlässigkeit und Kompatibilität erreichte man bereits zu Beginn an durch eine solide und präzise Mechanik sowie einer gleichbleibend hohen Fertigungsqualität.
Durch die extrem langsame Bandgeschwindigkeit (2,339 cm/sec.) ließen Bild und Ton noch etwas zu wünschen übrig, diese anfänglichen Unzulänglichkeiten bekam man jedoch durch die rasche Weiterentwicklung des Systems bald in den Griff.
Wie bei vielen anderen Videosystemen erfuhr auch VHS eine stetige Weiterentwicklung, die in der digitalen Variante als D-VHS ihren Abschluss fand. Die Geräte der ersten Generation verfügten nur über eine Bandgeschwindigkeit, bald kamen Recorder auf den Markt, die über mehrere Bandgeschwindigkeiten verfügten.
Durch Halbierung der Standard-Bandgeschwindigkeit und einer weiteren Verringerung der Spurbreite konnte die Spieldauer nochmals auf nun 8 St. mit einer E-240 Cassette verdoppelt werden, allerdings auf Kosten der Bildqualität. Geräte nach europäischer Norm verfügten über zwei wählbare Bandgeschwindigkeiten, (SP und LP), amerikanische Modelle konnten sogar mit drei Bandgeschwindigkeiten aufwarten. Sehr bald kamen auch Multinorm-Recorder auf den Markt.
Mindere Qualität und die Tricks dazu
Die durch die geringe Bandgeschwindigkeit recht bescheidene Tonqualität wurde durch das bereits in der Tonband und Cassettentechnik eingesetzte Dolby Rausch-Unterdrückungssystem etwas angehoben, eine echte spürbare Verbesserung wurde aber erst durch die Entwicklung von Gerätemodellen mit rotierender Schrägspuraufzeichnung des Audiosignals erreicht.
Das Verfahren war dem der Videosignalaufzeichnung recht ähnlich, der Ton wurde wie das Videosignal frequenzmoduliert und mit rotierenden Köpfen, welche ebenfalls auf der Kopftrommel angebracht waren, aufgezeichnet.
Dieses Verfahren gestattete Audioaufnahmen in voller Hi-Fi Qualität, auch das sonst lästige Bandrauschen war nun nicht mehr vorhanden. Die geringe Bandvorschub-Geschwindigkeit ist bei diesem Verfahren der Tonsignal-Aufzeichnung nicht mehr ausschlaggebend für den Frequenzgang und den Rauschabstand des Audiosignals. Dies führte dazu, dass nicht wenige Audio-Enthusiasten ihre betagte Tonbandmaschine durch einen „Hi-Fi“ Videorecorder ersetzten, welcher nur für Audioaufzeichnungen verwendet wurde.
Ein erheblicher Nachteil des VHS Systems war die eingeschränkte Möglichkeit, Aufzeichnungen mehrfach zu kopieren. Gemeint ist hier die Anfertigung einer Kopie von der Kopie über mehrere Generationen hinweg. Dieses Manko war aber kein ausschließliches VHS-Phänomen, sondern auch anderen analogen Consumer-Videosystemen, welche ebenfalls mit geringer Spurbreite und hoher Speicherdichte arbeiteten, gemeinsam.
Eine fast unendliche Vielfalt an VHS Modellen
Kein anderes Videosystem neben VHS hat solch viele unterschiedliche Gerätemodelle für alle nur denkbaren Anwendungsbereiche hervorgebracht. Die Bandbreite reicht vom relativ einfach gehaltenen VHS Recorder der ersten Jahre bis zur Hightech Maschine mit digitaler Bildverarbeitung, Insert und Assemble-Schnitt, Time Code, Rauschfilterung und integrierter TBC (Time-Base Corrector).
Obwohl VHS ein für den Consumer konzipiertes Videosystem war, gab es auch vollprofessionelle Studio-Recorder, welche durch eine nochmals verbesserte Bild- und Tonqualität sowie die Möglichkeit der Anbindung an bildbearbeitende Systeme im Fernsehstudio Verwendung fanden.
Geräte mit Optionen, welche üblicherweise nur dem TV-Studio vorbehalten waren, kamen etwa ab den späten 90er Jahren auch als hochwertige Consumer-Geräte auf dem Markt. Mit diesem Geräten war nun auch für den Amateur vieles möglich geworden. Die Qualität einiger dieser Consumer-Recorder war so gut, dass sogar manches TV-Studio hochwertige Geräte professionell einsetzte.
Die Vielzahl an entwickelten und produzierten Gerätemodellen, vom einfachen Recorder mit nur einer Tonspur bis zum Camcorder, vom Hi-Fi tauglichen Recorder in Stereo mit mehreren Bandgeschwindigkeiten bis zum High-end Super-VHS Recorder mit Normwandlung, digitaler Bild und Tonverarbeitung, sich automatisch neigender Kopftrommel für störungsfreien Bildsuchlauf und integriertem Time Base Corrector ist auch auf die extrem lange Produktionszeit dieses Videosystems zurückzuführen.
Dadurch bestand die Möglichkeit, die fortschreitende Entwicklung auf dem Gebiet der Halbleiter sowie der Magnetbandtechnik in die jeweiligen Gerätemodelle einfließen zu lassen.
Man kann aus heutiger Sicht annehmen, dass selbst der Systementwickler JVC nicht mit einer solch langen Phase der Verbreitung von mehreren Jahrzehnten gerechnet hat.
Die Weiterentwiclung zum S-VHS und VHS-C
Eine erhebliche Verbesserung des VHS Systems stellte die Weiterentwicklung zum S-VHS System dar. Um die Bildschärfe (Auflösung) spürbar zu verbessern, wurde die aufzuzeichnende Videobandbreite erhöht und von ursprünglich 240 Linien auf 400 Linien gesteigert.
Zusätzlich wurde das Videosignal vom Farbsignal weitgehend getrennt, wodurch Störeffekte erheblich reduziert werden konnten. Mit Aufkommen der ersten tragbaren Videosysteme ab Anfang der 80er Jahre wurde das Cassettengehäuse in einer verkleinerten Form weiterentwickelt und als VHS-C vorgestellt.
Die ersten tragbaren Modelle, zunächst für den Betrieb mit normalen Cassetten ausgelegt, waren noch von der Videokamera getrennt und verhältnismäßig schwer. Die letzte, bereits VHS-C taugliche tragbare Recordergeneration vor Einführung des Camcorders war schon so klein und leistungsfähig, dass der Recorder mit einem Rahmengestell, welches im Fachhandel erhältlich war, mit der Videokamera zu einer festen Einheit verbunden werden konnte.
Es handelte sich dabei um einen Vorläufer der nachfolgenden Camcorder, allerdings mit dem Unterschied, dass Kamera und Recorder bei Bedarf wieder voneinander getrennt werden konnten, das bei den üblichen Camcorder-Modellen nicht mehr möglich war.
Die ersten vollwertigen Camcorder-Modelle waren noch für den Betrieb mit einer VHS-Cassette normaler Größe ausgelegt. Durch die VHS-C Cassette reduzierte sich auch die Camcorder-Baugröße erheblich, allerdings musste eine geringere Betriebszeit von maximal 45 min. in Kauf genommen werden.
Eine speziell entwickelte Adaptercassette ermöglichte auch das Abspielen von VHS-C Cassetten in üblichen VHS-Recordern.
Der VHS Camcorder
Das weiterentwickelte S-VHS System wurde auch als Camcorder angeboten. Die Entwicklung der Mikro-Elektronik war bereits soweit vorangeschritten, dass nicht nur S-VHS High-end Camcorder-Modelle über viele zusätzliche Optionen, wie z.B. einen eingebauten Titelgenerator und einen automatischen elektronischen Schnitt beim Aneinanderfügen von Szenen verfügten.
Die Miniaturisierung von Bauteilen zur Erzielung von noch kleineren Bauformen und geringerem Gewicht hatte allerdings auch ihre Nachteile: Leider sind bereits nach wenigen Jahren viele Camcorder-Modelle (nicht nur VHS!) durch defekt gewordene Elektrolyt-Kondensatoren ausgefallen. Betroffen waren vorwiegend jene Modelle, welche stärkerer Hitze ausgesetzt waren, wie z.B. bei Aufenthalten in südlichen Ländern.
Durch den Einsatz von CCD-Bildwandler (CCD bedeutet „charge coupled device“ und stellt die Weiterentwicklung der bisher verwendeten Elektronen-Aufnahmeröhre dar) konnte das Gewicht, die Baugröße und der Energiebedarf der Geräte nochmals gesenkt werden.
Die letzte Stufe der Weiterentwicklung des VHS Systems war D-VHS. Das „D“ stand für eine vollständige digitale Signalumsetzung und Speicherung nach dem MPEG 2 Verfahren.
Bis auf die Form der Cassette hatte das digitale VHS Format nicht mehr viel gemeinsam mit einem analogen Recorder, selbst das Magnetband war in Bezug auf die Qualität und der Speicherdichte nochmals wesentlich verbessert worden. Viele D-VHS Recorder boten auch die Möglichkeit, analog aufgezeichnete Cassetten abspielen zu können.
Übliches VHS-Bandmaterial konnte für D-VHS nicht mehr verwendet werden, Die Recorder erkannten automatisch, ob eine D-VHS Cassette eingelegt wurde, dadurch wurde die Verwendung von nicht geeigneten Bandmaterial ausgeschlossen. D-VHS Recorder wurden sowohl als Consumer, als auch als vollprofessionelle Geräte angeboten.
Die Endphase des VHS-Systems:
Spätestens ab Beginn unseres Jahrtausends wurde das VHS System auch in seiner digitalen Variante nicht mehr weiterentwickelt, nachdem schon einige Jahre zuvor die Weiterentwicklung des analogen VHS-Systems eingestellt wurde.
Man arbeitete nur noch daran, durch Rationalisierung von Herstellungsverfahren und durch Reduzierung von mechanischen Bauteilen auf ein Minimum die Geräte noch billiger und einfacher herstellen zu können, was aber nicht als Weiterentwicklung im eigentlichen Sinne gesehen werden kann.
Seine letzte Verbreitung fand VHS in der Produktion von VHS-DVD Kombigeräten, welche durch die Möglichkeit, vorhandene VHS Cassetten auf DVD brennen zu können, die Übergansphase zur DVD einläuteten.
Das Angebot von neu gefertigten VHS Recordern ist besonders in den letzten Jahren (ab 2000) extrem stark zurückgegangen und beschränkt sich hauptsächlich nur noch auf den Verkauf von Industrie-Restposten sowie Produkten von Billiganbietern, meist über das Internet.
Marktpolitisch hat VHS schon längst seine Bedeutung verloren, auch wenn noch in geringfügigen Mengen Geräte und sogar noch Cassetten angeboten werden.
Selbst im digitalen Medienzeitalter wird VHS noch etliche Jahre als Artefakt der analogen Aufzeichnungstechnik auf Magnetband präsent bleiben. Die Menge von verkauften Geräten über einen solch langen Zeitraum von drei Jahrzehnten war so immens, dass noch eine großer Bestand vorhanden ist und es schätzungsweise noch weitere 10 bis 15 Jahre dauern kann, bis ein VHS Recorder zu Rarität wird.
Die Toplader-Gerätemodelle der ersten Generation mit mechanischen Laufwerkstasten werden bereits von Sammlern gesucht, möglicherweise auch deshalb, weil von diesem Gerätetyp schon der größte Teil entsorgt wurde und das Angebot recht gering geworden ist, mit weiter abnehmender Tendenz.
VHS kann als das einzige analoge Consumer-Videoformat gesehen werden, dem es gelungen ist, sich weltweit über mehrere Jahrzehnte hinweg zu behaupten und es wird seinen Platz in der Geschichte der Entwicklung von namhaften Videoformaten mit Sicherheit einnehmen.
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Ein Artikel von Friedrich Sambs - im Januar 2012
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