Über die Technik der beiden CC Kassetten Habschalen
Im Nov 2010 waren sowohl der ehemalige AGFA Marketing Chef und Experte aus dem Vertriebsbereich Kassetten in Köln wie auch sein Freund und Kollege aus der AGFA- Produktion und der Verfahrenstechnik bei uns in Wiesbaden zum Zeitzeugen- gespräch. Unser Gespräch dauerte über 6 Stunden und wurde vollständig aufgezeichnet.
Ein Thema war der Mißerfolg der Pfennigfuchser (Kaufleute) bei der Firma AGFA, die ja als Herstellerfirma nachweisbar das beste Bandmaterial (der westlichen Welt) herstellte, die besten Produktions- und Schnittautomaten hatte und dennoch beim Magnetband nie so sonderlich erfolgreich war, wie man glauben machen wollte.
Anfänglich wurden bei AGFA eine CC- Kassetten- Unterschale und die zugehörige vollsymmetrische spiegelbildliche Oberschale in den Kunststoff-Maschinen gespritzt. Das wurde später geändert, weil man sparen wollte. Also nur noch die Unterschale und oben drauf ein simpler Deckel. Theoretisch war das optimal, denn jetzt konnte man das Band sehr leicht dort rein "konfektionieren" und zuschrauben und fertig.
Doch der Haken kam als Bummerang. Bei bereits leichter Erwärmung verbog sich diese PVC Konstruktion leicht, fast unsichtbar, denn die Unterschale und der Deckel waren oft nicht nur aus verschiedenen PVC-Chargen, sondern immer auch verschieden dick.
Das hatte fatale Folgen bei den späteren hochwertigen Hifi-Kassetten.
Wenn das CC Gehäuse sich verbiegt . . . .
... dann stimmen die Gleichlaufwerte nicht mehr. Das könne doch nicht sein, war mein Einwand, da sind doch sogar 3 Motoren und eine saubere präzise mechanische Bandführung in den Higend-Laufwerken von Studer und Nakamichi.
Letztendlich hat es doch einen nicht unerheblichen Einfluß auf die Gleichlauf-Qualitäten gehabt. Die japanischen Kassetten hatten nämlich diese Probleme nicht, die hatten 2 absolut identische Halbschalen. Im Gegenzug war das Einlegen der (Toh-) Bandwickel erheblich difiziler und damit aufwendiger von der Montagezeit.
Um diesem Phänomen qualifiziert auf den Grund zu gehen, wurde bei AGFA bereits ganz früh eine Revox A77 für die 3,8mm Rohbandwickel umgebaut und sogar bei Studer vorgeführt. Es war die erste A77, die mit 4,78 cm/s lief. Die Aufnahme- und Wiedergabeverstärker und Köpfe wurden ebenfalls modifiziert und damit wurde dann im AGFA Labor das Rohband ausgemessen.
Verblüffend war damals die Erkenntnis, das (Roh-) Band war um Einiges besser als aus einer CC-Kassette heraus. Kein CC-Kassettenlaufwerk erreichte diese technischen Daten wie sie auf der Revox gemessen wurden und damit nachweisbar waren.
Mit diesen auf der Revox "Open Reel" Maschine gemessenen Daten wurden dann auch die publizierten CC-Spezifikationen gefüttert. Selbst auf einem CC-Studiorecorder wurde die dann später selten erreicht.
Und danach gab es die A77 auch mit 4,75cm/s
Basierend auf dieser Entwicklung im Agfa Anwendungslabor hatte Willi Studer die modifizierten Verstärker und die Köpfe für die 4,75 cm/s Variante der A77 MK1 übernommen.