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"tonband" Heft 1 • Februar 1968 • 4. Jahrgang
Zur Theorie und Praxis von Tonbandlehrgängen (Teil 1)

Durch die Artikelreihe „Tontechnik als Gestaltungsmittel", veröffentlicht in den Jahren 1966 und 1967, dürfte der Autor des folgenden Beitrages unseren Lesern hinlänglich bekannt sein. Dr. Gruber hat für uns seine Erfahrungen bei der Durchführung verschiedener Tonbandlehrgänge, wie er sie in seiner Eigenschaft als Dozent für Tontechnik an der Musischen Bildungsstätte in Remscheid seit Jahren leitet, zusammengefaßt und zu einer Art „Methodik des Tonbandlehrganges" verarbeitet.

Wir können uns denken, daß der eine oder andere Tonbandklub, dem es vor allem auf Förderung des Nachwuchses in den eigenen Reihen ankommt, für eine solche mehr theoretische Anleitung dankbar sein wird. Im nächsten Heft wird ein zweiter Beitrag zum gleichen Thema folgen. Red.

Einleitung

Tonbandlehrgänge werden heute in dieser oder jener Form von vielen Organisationen und Institutionen durchgeführt. Man findet sie z. B. in den Programmen von Volkshochschulen, Jugendhäusern, zentralen Organen der Jugendarbeit. Auch manche Ausbildungsstätten für die Jugend- und Sozialarbeit haben schon in ihren Unterrichtsplänen die Einführung in die Tonbandpraxis aufgenommen.

An der Musischen Bildungsstätte in Remscheid zum Beispiel, mit ihren Monats- und Semesterkursen, ist Tontechnik eines der sechs unterrichteten Fächer. Schließlich könnte oder sollte die erste Phase der Tätigkeit einer festen Tonbandgruppe ebenfalls in Form eines methodisch aufgebauten Lehrgangs verlaufen.

Über die Erfahrung der Profis

Die Erfahrung zeigt, daß Tonbandlehrgänge

  • a) sehr vom Wissen und Können des Lehrgangsleiters abhängen und daß
  • b) ihr Inhalt meist nur vom rein Technischen oder von bloßen Informationsund Spielformen bestimmt wird.


Umgang mit dem Tonbandgerät als einem Instrument musischen Tuns gewinnt erst sehr langsam an Boden. Aber nur von diesem Ansatz her können Tonbandlehrgänge ihren eigentlichen Sinn bekommen. Im Folgenden sollen Gesichtspunkte zur Planung, Durchführung und Methodik von Tonbandlehrgängen dargestellt werden.

Zweck und Sinn

Aus der Einleitung ergibt sich, daß Veranstalter und Leiter die beiden Seiten der Tontechnik - das „Technische" und das „Gestalterische" - als ein zusammengehörendes Ganzes sehen müssen. Die Dosierung der Anteile der beiden Seiten ist - vor allem bei kurzer Lehrgangsdauer (Wochenende) - nicht ganz leicht und erfordert gründliche Vorüberlegungen. Dabei ist stets von den vorhandenen oder - das ist leider der Normalfall - nicht vorhandenen Kenntnissen der Teilnehmer auszugehen.

Über diese Vorkenntnisse muß sich der Veranstalter durch entsprechende Fragen auf dem Anmeldeformular informieren. Diese Informationen muß der Leiter noch vor Beginn des Lehrgangs erhalten. Sind sie nicht vorhanden, so werden sie durch ein Gespräch mit den Teilnehmern nach der Lehrgangseröffnung nachgeholt. Nach den Vorkenntnissen lassen sich nun zunächst nur ganz grob zwei Gruppen bilden: Teilnehmer mit wenig oder keinen (Anfänger) und solche mit mehr Vorkenntnissen (Fortgeschrittene).

Beispiel

Zweck des Lehrgangs ist,

  • a) Informationen über die Geräte (vom Aufnahmeraum bis zum Lautsprecher) und die Verfahrensweisen (vom Aufstellen des Mikrofons bis zur Montage) zu vermitteln und
  • b) die Handhabung von Geräten und Verfahrensweisen so einzuüben, daß jeder Handgriff sicher sitzt.


Sinn aber des Lehrgangs kann nur sein, alle Kenntnisse und Fähigkeiten technischer Art in Gestaltungsaufgaben umzusetzen. Die Qualität des Lehrgangsleiters wird sich - außer an seinem Wissen, seinem Können und seinen gruppenpädagogischen Fähigkeiten - ganz wesentlich daran ermessen lassen, ob er in der Lage ist, stets den technischen Zweck und dessen gestalterische Sinngebung miteinander zu koppeln. Dieses Aufeinander-Bezogen-sein von Technik und Gestaltung ist der genaue Ansatzpunkt der Methodik von Tonbandlehrgängen.
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Die Lehrgangsleiter mit großer Sorgfalt wählen

Veranstalter sollten sich ihre Lehrgangsleiter mit großer Sorgfalt wählen. Ein reiner „Techniker" nützt ebenso wenig wie ein reiner „Gestalter"! - Ein Gastdozent für Tonbandpraxis an einem Ausbildungsinstitut antwortete auf die Frage, was denn bei seiner Arbeit herauskommen solle: „Wir wollen Textaufnahmen mit Verhallungseffekten machen." Und ein Mitarbeiter eines Tonbandseminars, der großartige Ideen für Hörspiele hatte, scheiterte an der Realisation seiner Ideen deshalb, weil er das MD 21 für ein Mikrofon mit Nierencharakteristik hielt.

Für die gesamte Arbeit nach den aufgezeigten Kriterien ist es sehr hilfreich, wenn man sich einen Katalog aufstellt, der vier Spalten enthält:

  • 1.Spalte: anzusprechende, zu vermittelnde und zu übende technische Gesichtspunkte,
  • 2.Spalte: mit (1.) zu realisierende Gestaltungsmöglichkeiten,
  • 3.Spalte: typische Beispiele aus eigenen oder fremden Aufnahmen, die als Demonstrationsmaterial dienen können,
  • 4.Spalte: gute, kurze modellartige Aufgaben, die in der Praxis des Lehrgangs von den Teilnehmern gelöst werden sollen.

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Einen Themen-Katalog erstellen

Um den Katalog laufend ergänzen zu können, legt man ihn am besten als Kartei an. Die Spalten können dabei durch verschiedene Kartenfarben gekennzeichnet werden. Nach der ersten Sammlung des Stoffes überlege man sich gut die nach zunehmender Schwierigkeit und Differenzierung anzuordnende Systematik des Kataloges.

Es wird natürlich viele Punkte geben, die nur in der ersten Spalte vorkommen, z. B. Klangspektrum, Rauschen. Der Katalog gestattet die Auswahl von Themen und Aufgaben je nach der vorhandenen Zeit und den zur Verfügung stehenden Möglichkeiten.

Durch Kennziffern werden Themen und Aufgaben noch weiter untergliedert in unbedingt notwendige oder zusätzliche (bei genügender Zeit zu nehmende) und in leichte oder schwierigere. Aus der in dieser Zeitschrift 1966 und 1967 abgedruckten Artikelreihe „Tontechnik als Gestaltungsmittel" läßt sich leicht ein derartiger systematisch aufgebauter Katalog zusammenstellen.

Arbeitsweise und Voraussetzungen

Es werden im wesentlichen vier sich ergänzende und aufeinander bezogene Formen für die Art und Weise der Arbeit bei Tonbandlehrgängen anbieten:

  • a) Referate mit Demonstrationen, Beispielen und Diskussionen (Plenum mit allen Teilnehmern),
  • b) praktische Arbeit (in kleinen Gruppen) mit Abhören und Kritik der Ergebnisse (Plenum),
  • c) seminarartige Besprechungen (Plenum und größere Gruppen, Aktivierung der Teilnehmer),
  • d) Vorführung von inhaltlich, gestalterisch und technisch hervorragenden Aufnahmen (Plenum) - Hörerlebnis für die Teilnehmer, zugleich als erstrebenswertes Ziel Anreiz.

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Wichtige Konsequenzen

Für die Veranstalter ergeben sich aus den Arbeitsformen wichtige Konsequenzen.

  • 1. Wenn die Teilnehmer selbst intensiv ans Arbeiten kommen sollen, muß ihre Zahl möglichst klein gehalten werden. Bei größeren Teilnehmerzahlen muß der Lehrgangsleiter zur Überwachung der Gruppenarbeit noch einen oder mehrere qualifizierte Assistenten haben. Aber auch dann geht viel Zeit mit dem Auseinandergehen und Zusammenkommen verloren. Bei 12 Teilnehmern lassen sich je nach den gestellten Aufgaben 4 Gruppen zu drei, 3 Gruppen zu vier oder 2 Gruppen zu sechs Teilnehmern bilden, die gerade noch von einem Mann kontrolliert werden können.
  • 2. Der Lehrgangsort ist so zu wählen, daß genügend Räume vorhanden sind, damit das Plenum „tagen" und die Gruppen ohne gegenseitige und anderweitige akustische Störungen arbeiten können.
  • 3. Es müssen Geräte, Mikrofone, Stative, Kabel, Übertrager, Mischpulte, Abhörlautsprecher usw. in der für die Gruppenarbeit notwendigen Zahl und in ausreichender Qualität vorhanden sein. Für genügend Bandmaterial, Schneidezeug und Leerspulen muß gesorgt werden. Nicht vergessen werden dürfen Netzverlängerungskabel und Mehrfachstecker. Zur guten Wiedergabe im Plenum ist eine Verstärkeranlage dringend anzuraten. Hat der Veranstalter selbst nicht genügend Geräte und Material, so lasse er sich auf dem Anmeldeformular von den Teilnehmern ihre Ausrüstung nennen, suche mit dem Leiter zusammen die geeigneten Typen heraus, die dann mitgebracht werden müssen.

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Eine Anmerkung zu Punkt 3

Zum dritten Punkt ist eine Anmerkung gut. Es ist verständlich und in gewisser Weise sicher richtig, wenn jeder Teilnehmer seine eigenen Sachen zum Lehrgang mitbringen will. Sofern er eigene Aufnahmen hat, ist das Mitbringen (z. B. für die Seminare) sogar wünschenswert.

Aber es ist dem Leiter einfach nicht zuzumuten, sich mit 12 oder noch mehr verschiedenen Tonbandgeräten abgeben zu müssen. Es kommt noch dazu, daß in den Pausen das akustische Tohu-wa-bohu um so größer wird, je mehr Geräte da sind. Denn jeder will die von ihm vom Radio abgezapften Lieblingsschnulzen und Beatnummern mit Windstärke zwölf abnudeln!

Da Erziehung zum Hören ein wichtiger Faktor einer guten Tontechnik und einer qualifizierten Gestaltung ist, mache man es zur Ordnung des Lehrgangs, daß spätestens fünf Minuten vor dem angesetzten Beginn des Plenums alle privaten Abspielungen auszuschalten sind!

Was sonst noch wichtig wäre für den Lehrgangsleiter

Auch der Lehrgangsleiter hat außer seinem Konzept noch einiges andere mitzubringen. Wenn er motorisiert ist, wird er sicher seine Demonstrationen und das Einspielen von Beispielen am liebsten mit seinem eigenen (bestimmt guten!) Gerät machen.

Aber für Referate, Demonstrationen und Gruppenarbeit ist noch nötig oder empfehlenswert:

  • 1. Eigene oder fremde Aufnahmen mit exemplarischen Beispielen, Aufnahmen für die Arbeitsformen d) und auch c).
  • 2. Literatur und Informationsmaterial (davon wird noch die Rede sein).
  • 3. Ein sehr gutes Mikrofon mit Nierencharakteristik und eines mit Kugelcharakteristik zur Demonstration von Mikrofonqualität und -Charakteristik und für Gestaltungsaufgaben der Gruppen.
  • 4. Meßband (Agfa oder BASF) oder Meßschallplatte (DGG oder dhfi-Schallplatte Nr. 2, Braun Verlag) zur Demonstration des Frequenzgangs.
  • 5. Die erste Platte des dhfi (Braun Verlag) für Klangspektrum und Stereophonie.
  • 6. Einführungsplatte in die Elektronische Musik von Eimert (DGG) und eine Platte mit Musique Concrete.
  • 7. Gute, kurze Texte für Einzelsprecher und Hörszenen (mit Rollenexemplaren).

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Und was den Lehrgangsort betrifft

Am Lehrgangsort muß auch noch „organisiert" werden:

  • 1. Decken oder Dämmplatten für die akustische Präparation der Aufnahmeräume.
  • 2. Küchen- und anderes Gerät zu Geräuschaufnahmen und Geräuschverwandlungen.
  • 3. Ob eine Musiziergruppe, ein Chor, eine Orgel samt dem Organisten zu (mehrmikrofonalen) Aufnahmen zur Verfügung sind, muß allerdings schon vor Lehrgangsbeginn festgestellt werden.
  • 4. Tafel und Kreide.

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Immer ein paar Zeitreserven einplanen

Ist die Teilnehmerzahl qroß, wird für die Praxis eine abgewandelte Arbeitsform zu nehmen sein: Der Leiter demonstriert Ansatz und Lösungsweg einer Aufgabe im Plenum mit einer ausgewählten kleinen Gruppe. Wenn genügend Zeit vorhanden ist, spielen danach alle, in kleine Gruppen verteilt, die Aufqabe nach. Da Gruppenarbeit ohne nachheriges Abhören aller Ergebnisse nahezu wertlos ist, braucht man dafür immer sehr viel Zeit.

Informationen und Referate

Am Anfang des Lehrgangs sollte ein gut vorbereitetes und durch typische Beispiele erläutertes Referat über Zweck und Sinn des Umgangs mit Tonbandgeräten stehen.

Das Thema könnte z. B. so formuliert werden wie der Titel der bereits erwähnten Artikelreihe dieser Zeitschrift: Tontechnik als Gestaltungsmittel.

Außer der Einführung müßte dieses Referat drei Ziele erreichen:

a) Das Zusammenspiel von Technik und Gestaltung, d. h. den instrumentalen Charakter technischer Apparaturen und Verfahrensweisen deutlich machen;
b) den Wunsch der Teilnehmer erwecken, auch so arbeiten zu wollen und
c) eine optimale Qualität - natürlich in Relation zu den Gegebenheiten - als erstrebenswert erscheinen zu lassen.

Ein zweites Thema - informativer, direkter auf die Praxis bezogen und an geeigneten Stellen durch Gruppenarbeit unterbrochen - müßte die Eigenschaften von Schallereignissen in Beziehung setzen zu den für ihre Aufzeichnung notwendigen Mindestanforderungen an die technische Apparatur.

Primär wichtige und weniger wichtigen Informationen

Dabei ist zu unterscheiden zwischen (primär) wichtigen und nur richtigen, aber nicht primär wichtigen Informationen. Wichtig ist z. B. das Problem des Rauschens als dynamisches Verhältnis zwischen Nutzschall und Störpegel; richtig, aber für die Arbeit selbst unwichtig, ist dagegen der Vorgang der Bandmagnetisierung und seine physikalischen Parameter.

Abgesehen davon ließe sich gerade dieses Kapitel im Rahmen eines Lehrgangs nur mit nicht mehr vertretbarer Ungenauigkeit behandeln. An dieser Stelle unserer Überlegungen wäre allerdings ein wichtiger Lehrfaktor mit einzubeziehen.

Mehr über das "Wie" und das "Warum" verstehen lernen

Die Lehrgangsteilnehmer werden das „Wie" eines Vorgangs um so sicherer in den Griff bekommen, je mehr sie den Vorgang selbst begriffen, d. h. Einsicht in das „Warum" gewonnen haben. Natürlich könnte es für die Praxis ausreichen, wenn man zeigt, wie ein Tauchspulenmikrofon an ein Tonbandgerät angeschlossen wird.

Die verschiedenen Variationen (symmetrisch, niederohmig, hochohmig) wird aber nur der sicher beherrschen, dem einmal im Schema die Arbeitsweise dieses Mikrofontyps dargestellt wurde.

Man spreche sich bei der Auswahl des Stoffes für einen bestimmten Lehrgang (mit gerade diesen Teilnehmern und mit der und der zur Verfügung stehenden Zeit) immer wieder den alten griechischen Spruch vor: Die Hälfte wäre mehr gewesen! Ein gründlich behandeltes Thema nützt mehr als zwölf nur knapp angesprochene zusammengenommen. Das gilt für Theorie und Praxis.

Bücher und Zeitschriften ansprechen

Zur Information gehören selbstverständlich auch Literaturhinweise. Man beschränke sich auf Bewährtes und für den Amateur Geeignetes. Es ist ein großer Vorteil, wenn die erwähnten Bücher und Zeitschriften zum Ansehen ausliegen. Von den Tonbandherstellerfirmen und den Gerätefabriken bekommt man kostenlos Material (Tonbandbrevier, Hauszeitschriften, Tonbandfibel, Prospekte) zum Verteilen. Literatur, Zeitschriften und Material der erwähnten Art ist neben den eigenen Aufzeichnungen der Teilnehmer wichtig für die persönliche „Nacharbeit". Daß man Tafel und (farbige) Kreide zum Lehren braucht, muß sicher nur erwähnt werden. Gr. (Erich Gruber) in 1967

tonband - Heft 2 • April 1968 • 5. Jahrgang
Zur Theorie und Praxis von Tonbandlehrgängen (Teil 2)

An ein Referat schließt sich stets eine Diskussion an. Hat der Leiter die Fähigkeit, Diskussionen zu steuern, so ist es in der Regel günstiger, Fragen, Ergänzungen, Erfahrungen der Teilnehmer usw. gleich nach den jeweiligen Abschnitten des Referats zu besprechen.

Viel Geschick muß der Leiter haben, um die Beantwortung stereotyper Lehrgangsfragen entweder in sein Referat mit einzubeziehen oder auf private Pausengespräche zu verweisen.

Solche immer wiederkehrende Fragen sind meist sehr äußerlicher Natur und nur selten generell zu beantworten:
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  1. Was halten Sie von dem und dem Gerät?
  2. Welche Bandsorte ist die beste?
  3. Mein Gerät, meine Aufnahme hat den und den Fehler, wie ist der abzustellen?
  4. Warum muß man Gemagebühr zahlen und was bedeutet das überhaupt?

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Seminare oder Besprechungsgruppen

Weil das Hören-Können für alle tontechnische Arbeiten eine ausschlaggebende Rolle spielt, ist ein wichtiger Faktor bei Tonbandlehrgängen die Bildung des Kritikvermögens der Teilnehmer.

Die Kritik von Aufnahmen (aus dem Archiv des Leiters, Schallplatten- und Funkbeispiele, mitgebrachte Aufnahmen der Teilnehmer) hat - entsprechend der hier dargestellten Konzeption - zwei Aspekte:

  1. einen gestalterischen und
  2. einen technischen.


Man sollte bei keinem Lehrgang, selbst wenn er noch so kurz ist, darauf verzichten. Übungen im Hören und Beurteilen von Aufnahmen zu machen. Bei genügend Zeit geschieht das am besten in Seminarform:
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  • a) Vorspielen der zu beurteilenden Aufnahme (Musik, Hörszene, Reportage, Montage u. a.) im Plenum.
  • b) Besprechung in kleinen Gruppen, damit jeder Teilnehmer zum Reden kommt. Unter Umständen gibt man dazu Fragen oder Themen an.
  • c) Bericht im Plenum durch die von jeder Gruppe gewählten „Referenten", Plenumsdiskussion und Zusammenfassung durch den Leiter.

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Hauptkriterien für die Besprechung

Als Hauptkriterien für die Besprechung sind zu nennen:
1. Inhalt und Form:

  • a) private oder gesellschaftliche Relevanz (Bedeutung) des Inhalts,
  • b) Formelement,
  • c) Struktur (Aufbau),
  • d) Beziehungen zwischen Inhalt und Form.

2. Gestaltung:

  • a) Bewältigung durch die Ausführenden,
  • b) Interpretation,
  • c) Intensität (Wirksamkeit) der Ausführung, „Atmosphäre".

3. Technische Realisation:

  • a) Verhältnis der Einzelanteile (Instrumente, Stimmen, Geräusche), die sogenannte Klangbalance,
  • b) Raumwirkung, Raumbalance,
  • c) Technische Einzelheiten wie z. B. Ein-, Um-, Ausblenden, Aussteuerung, Dynamik (Lautstärkenverhältnisse), Höhen, Tiefen, Präsenz, Rauschen, Knackse, Schnitte usw.,
  • d) bei stereophonen Aufnahmen Seitenverteilung, Richtungswirkungen,
  • e) Gesamtqualität (könnte man „technische Atmosphäre" nennen),
  • f) Verhältnis (3) zu (1) und (2).

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Zur praktischen Arbeit

Das methodisch Wichtigste dazu ist schon in den bisherigen Abschnitten gesagt worden (siehe auch Heft 1/1968). Was man im einzelnen als Aufgaben stellt, hängt - außer von der zur Verfügung stehenden Zeit - natürlich auch von dem gewünschten Zweck des Lehrgangs ab.

Als Lehrgangsleiter lasse man sich aber auf keinen Fall durch Wünsche des Veranstalters oder der Teilnehmer von der am Anfang skizzierten Konzeption abbringen!

Ein Lehrgang, der nicht das gestalterische Moment zum Ziel hat, der also nur technische oder nur spielerische Intensionen hat, ist heute nicht mehr zu verantworten. Selbstverständlich wird der Leiter nur solche Aufgaben nehmen können, die zu lösen er selbst in der Lage ist.

Die schon genannte Artikelreihe „Tontechnik als Gestaltungsmittel" (Heft 1/66 bis 4/67) beschreibt die grundlegend notwendigen Aufgaben. Dazu kommen natürlich noch solche rein technischer Art, solche aus den Bereichen Tonjagd und Trickverfahren und solche aus dem Gebiet der Informationsformen.

Bei der Realisation gebe man sich nicht damit zufrieden, daß eine gestellte Aufgabe überhaupt gelöst ist. Man versuche vielmehr, optimale Lösungen zu erreichen.

Mitarbeiter

Ein guter Lehrgangsleiter weiß, daß er selbst nicht alles können kann! Er wird - was allerdings nur bei längerer Lehrgangsdauer möglich sein wird - dem Veranstalter geeignete Mitarbeiter für besondere Themen und spezielle Praxisaufgaben vorschlagen, z. B. für Informationsformen (Interview, Reportage) einen Mann vom Funk (oder von der Presse, wenn der Leiter die tontechnische Seite beherrscht), für das Hörspiel einen Fachmann für Spiel- und Sprechregie, für Schmalfilmvertonung ein erfahrenes Mitglied eines Filmklubs.
Daß die praktische Arbeit fruchtbarer wird, wenn der Leiter einen oder mehrere Assistenten hat, ist bereits gesagt worden.

Gruppenarbeit

Besondere Chancen hat die Zusammenarbeit mit anderen Gruppen. In solchen Fällen kann man allerdings für die Technik keine Anfänger brauchen. Ein Wochenende mit einer Musikgruppe oder einem Chor zusammen könnte z. B. für das Spezialthema Musikaufnahmen sehr fruchtbar sein.

Man käme dabei auf Probleme der tontechnischen Musikinterpretation (Tonregie), deren Kenntnis Voraussetzung ist für das Verständnis von modernen Medien wie Schallplatte und Rundfunk.

Für das Gebiet Hörspiel bietet sich die Zusammenarbeit mit einem guten Amateurtheater an. Die gemeinsame Realisation eines Hörspiels wird für Spieler (Sprecher) und Tontechniker nicht nur anregend, sondern sehr förderlich sein. Auch dabei kann viel für das Verstehen von Funksendungen gewonnen werden. Es ist kaum zu begreifen, daß solche in der Natur der Sache liegenden Kooperationen so selten stattfinden.

Zum Schluß

Lehrgänge von einer Woche oder noch längerer Dauer werden in der Regel selten möglich sein, obwohl selbst ein Vierwochenkurs, wie er an der Musischen Bildungsstätte in Remscheid durchgeführt wird, zur Einführung in Theorie und Praxis der Tontechnik auch nur ein Minimum ist. Als eine brauchbare Notlösung hat sich eine Folge von mehreren Wochenenden erwiesen, unter der Voraussetzung allerdings, daß der Teilnehmerkreis konstant bleibt.

Ein Lehrgang ist mit dem Schlußwort nicht zu Ende. Wenn er gut war, hat er Anstöße für die Arbeit jedes einzelnen Teilnehmers in dessen eigenem Lebensbereich vermittelt. Gr.

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