"tonband" - Heft 4 • Dezember 1964 • 1. Jahrgang
"Was paßt zu was?"
Zur heiklen Frage des Mikrofonanschlusses
Nirgendwo hat wohl der Tonbandfreund so viele Schwierigkeiten als (nein "wie") bei den Mikrofonen. Solange er sein Mikrofon, das er so ganz nebenbei mit dem Gerät gekauft hat, am Mikrofoneingang anschließt, geht es noch. Aber was ist, wenn ihm eines Tages das Kabel zu kurz wird?
Wie kann man es verlängern? Und wenn er eines Tages mal ein gutes Mikrofon kaufen will, welche Gesichtspunkte sind ausschlaggebend? Und der Ärger geht weiter, wenn man ein Mischpult dazunimmt oder ein Batteriegerät - und keiner kann ihm helfen. Denn bitte, in welchem Fachgeschäft gibt es Leute, die sich mit diesem Komplex genau auskennen?
Wir wollen es praxisnah erläutern
Wir wollen heute die ganze Angelegenheit mal unter die Lupe nehmen, ohne dabei hochwissenschaftlich zu werden. Es ist nicht unbedingt erforderlich zu wissen, was ein Phasenverschiebungsfaktor ist oder eine Leitungskapazität, man muß ja auch nicht Chemie studieren, um einen guten Cocktail zu mixen.
Irgendwann werden Sie auf die Erkenntnis stoßen, daß es aus unserem Blickwinkel drei verschiedene Arten von Mikrofonen gibt:
- die hochohmigen,
- die niederohmigen und solche,
- deren Widerstand umschaltbar ist.
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hochohmig oder niederohmig
Die meisten Mikrofone sind von Hause aus niederohmig. Ausschließlich hochohmige Mikrofone sind selten. Zu ihnen gehören die Kristallmikrofone, die heute keiner mehr haben will, weil ihre Klangqualität mangelhaft ist. Was aber heißt nun hochohmig und niederohmig?
Fangen wir mit den niederohmigen Mikrofonen an
Das Maß für den elektrischen Widerstand, also den Widerstand, den ein Strom in einer Leitung oder einem Gerät zu überwinden hat, ist das Ohm, abgekürzt "Ω".
Spulen, durch die Elektrizität fließt, haben aber eine kleine Eigenheit: bei Gleichstrom ist ihr Widerstand am niedrigsten. Schickt man aber Wechselstrom hindurch, dann wird der Widerstand größer, und er wird immer größer, je schneller der Strom seine Richtung pro Sekunde wechselt, je höher also seine Frequenz ist.
Die meisten Mikrofone sind dynamische oder Schwingspulenmikrofone. In ihrem Inneren ist eine winzige, zarte Spule. Ihren Widerstand mißt man meistens bei einer Frequenz von 1000 Hz, und dann hat sie meistens 200 Ohm. Das ist so eine Normung, die sich aus der Erfahrung entwickelt hatte.
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Nun zum Anschluß :
Nun muß das Mikrofon ja angeschlossen werden, beispielsweise am Tonbandgerät. Der Punkt, wo (an dem !!) es angeschlossen wird, heißt Eingang. Bei den meisten Netz-Tonbandgeräten hat dieser Eingang einen Widerstand von ca. 2 MOhm, das sind zwei Millionen Ohm. Daß das nicht zusammenpaßt, leuchtet ein, 200 Ohm gegen 2 Millionen! Der Fachmann sagt: „Die Anpassung stimmt nicht." Das Mikrofon ist niederohmig, der Eingang hochohmig. Man müßte also ein hochohmiges Mikrofon nehmen - oder das niederohmige hochohmig machen. Ob das geht? Aber klar!
Man nehme einen Transformator oder Übertrager
Sie kennen doch sicher einen Transformator, zum Beispiel bei der Spielzeugeisenbahn. Da macht dieses leise brummende Ding aus den gefährlichen 220 Volt des Lichtnetzes harmlose 20 Volt zum Spielen. Er transformiert also Spannungen.
Der Transformator kann aber noch mehr. Er transformiert auch Ströme und Widerstände. Diese letztere Fähigkeit brauchen wir. Wir nehmen einen Transformator, der auf der Eingangsseite bei 1000 Hz einen Widerstand von 200 Ohm und auf der Ausgangsseite einen Widerstand von etwa 25.000 Ohm hat. Das genügt. Diesen Transformator nennen wir Übertrager und schalten ihn zwischen Mikrofon und Tonbandgerät. Damit funktioniert die Sache herrlich.
oder einen Kabelübertrager
Die meisten Amateurmikrofone sind gleichzeitig hoch- und niederohmig. Die Kapsel, also das eigentliche Mikrofon, hat eine „Impedanz" von 200 Ohm und zudem irgendwo einen Übertrager, entweder dicht bei der Kapsel im Gehäuse oder in einem kleinen Kunststoffgehäuse für sich im Kabel (daher der Name Kabelübertrager) oder auch im Stecker. Nun werden Sie sicher fragen, warum man die Mikrofone nicht gleich hochohmig baut, man könnte sich auf diese Weise den Übertrager sparen, der ja auch einiges Geld kostet.
Wichtig : Die Länge der Mikrofonleitung
Das hat jedoch sehr wohl seinen Grund: Bei einem hochohmigen Mikrofon darf die Leitung niemals länger als äußerstenfalls fünf Meter sein. Sonst gibt es nämlich sehr unangenehme Verluste der Lautstärke, besonders in den Höhen. Weiterhin sind hochohmige Leitungen sehr empfindlich gegen „Brummeinstreuungen", die von Transformatoren und auch ganz gewöhnlichen Netzleitungen kommen können. Da brummt es dann, und man ärgert sich krank.
Eine niederohmige Mikrofonleitung dagegen darf bis zu zweihundert Meter lang sein, ohne daß Frequenzverluste und Brummeinstreuungen auftreten. Die Sache ist also klar: niederohmig ist besser. Wenn die Mikrofoneingänge unserer Tonbandgeräte niederohmig wären, bliebe uns viel Ärger erspart.
Und was soll man kaufen ?
Jetzt wollen Sie wissen, welche Art Mikrofon Sie kaufen sollen? Niederohmig muß es sein. Da der Eingang am Tonbandgerät aber hochohmig ist, muß ein Übertrager her. Die hoch-niederohmigen Mikrofone haben ihn fertig eingebaut. Also wäre das das Beste? Hm . . .
Der Übertrager sitzt in den weitaus meisten Fällen bei der Kapsel im Gehäuse. Und man kann lange Kabel ja nur zwische Mikrofonkapsel und Übertrager einschalten, denn sie müssen ja niederohmig betrieben werden. Da Sie den Übertrager nicht aus der Kapsel ausbauen können, müssen Sie sich, wenn Sie eines Tages das Kabel verlängern wollen, extra einen kaufen, gewöhnlich einen Kabelübertrager (er heißt so, weil er in ein Kabel eingebaut ist).
Und noch etwas : asymmetrisch und symmetrisch
Offensichtlich ist also das nur niederohmige Mikrofon in Verbindung mit einem Kabelübertrager besser? Schon, aber Sie werden damit eine Menge Ärger kriegen. Denn die fertig käuflichen Kabelübertrager sind meist für die „asymmetrischen HN-Mikrofone" gemacht, und nicht für Ihr symmetrisches niederohmiges Mikrofon. Was ist denn das schon wieder?
HN ist klar, das heißt hoch-niederohmig. Aber asymmetrisch und symmetrisch? Sehen wir uns nun mal eines der guten Mikrofone an. Wir nehmen z. B. das MD r von Sennheiser. Das gibt es als nui niederohmiges und damit symmetrisches, und als HN, und damit asymmetrisches. (Ganz nebenbei: es gibt noch eine ganze
Menge Mikrofone, genau so gut wie zum Teil auch besser, dabei oft billiger und teurer als das MD 21, für die das hier Gesagte ebenso gilt.)
Und jetzt ein wenig Anschlußtechnik
Betrachten wir uns die niederohmige Ausführung im Schema-bild, wie es Abbildung 1 zeigt. Sie sehen oben die Kapsel mit der Schwingspule und unten den im Gehäuse fest eingebauten Anschlußstecker mit seinen drei Kontaktstiften. Die beiden Anschlüsse der Schwingspule liegen an den Kontakten 1 und 3. Das Gehäuse, die „Masse", liegt an Kontakt 2. (Masse liegt immer an Kontakt 2.) Sie sehen es am Schaltbild, wie symmetrisch dieses Mikrofon gebaut ist. Jetzt kommt das gleiche Mikrofon in der Ausführung HN (Abbildung 2). Da steckt in seinem Gehäuse außer der Kapsel ein Übertrager, der aus zwei Spulen mit einem Eisenkern besteht.
Sie sehen: ein Anschluß der Schwingspule liegt zusammen mit einer Seite des Übertragers an Masse und ist mit Kontakt 2 verbunden. Das andere Ende der Schwingspule geht nach Kontakt 3 und an den Übertragereingang, der Ausgang des Übertragers geht auf Kontakt 1.
Wie das mit den Pins oder den Stiften funktioniert
Jetzt können wir wählen: Benutzen wir die Kontakte 1 und 2, so liegen wir an der Ausgangswicklung des Übertragers, das Mikrofon ist also hochohmig. Nehmen wir aber die Kontakte 3 und 2. jann liegen wir direkt an der Schwingspule, es ist niederohmig. Ist das nicht raffiniert? Daß das Ganze asymmetrisch ist, erkennt man klar.
Ja, und der dazugehörige Mikrofoneingang am Bandgerät? Da ist ja die dreipolige Steckdose. Wieder liegt hier an Kontakt 2 die Masse. An Kontakt 1 aber geht es hochohmig in den Verstärker. Das HN-Mikro-fon wird dort also automatisch hochohmig angeschlossen.
Hier haben wir nun drei Eingangsbuchsen (Abbildung 3). Sie gehören zum SABA-Regiemixer MS, einem sehr beliebten Mischpult. Betrachten wir uns Buchse I, also den Eingang für den ersten Kanal. Wieder liegt Kontakt 2 an der Masse, Kontakt 3 geht ins Mischpult. Es ist nämlich dank seiner Bestückung mit Transistoren niederohmig. Automatisch wird das HN-Mikrofon richtig angeschlossen. Dieser Eingang ist asymmetrisch. Aber wenn wir nun das symmetrische niederohmige Mikrofon da anschließen?
Tja, dann hängt ein Anschluß der Schwingspule in der Luft, denn Kontakt 1 der Buchse ist ja nicht beschaltet, es bliebe stumm. Was tun? Ganz einfach: Irgendwo müssen wir eine Brücke zwischen Kontakt 1 und 2 einlöten, entweder im Mikrofonstecker oder in der Eingangsbuchse des Mixers.
Jetzt wird es für den Laien kompliziert, eben richtig Deutsch
Was besser ist? Ja, sehen wir uns mal die Buchse II des Mixers an. Sie ist fünfpolig, denn sie ist auch für ein Stereomikrofon gedacht. Der dreipolige Stecker eines gewöhnlichen Mikrofons paßt hier auch rein, es bleiben eben die Kontakte 4 und 5 frei.
Konzentrieren wir uns auf die Kontakte 1, 2 und 3. Die Kontakte 1 und 2 sind miteinander verbunden. Das ist also die eben erwähnte Brücke. Das symmetrische Mikrofon würde da also sofort herrlich funktionieren. Das asymmetrische aber... Ja, richtig: seine hochohmige Seite wird kurzgeschlossen. Und das kann Ärger geben. Bei der Buchse MI ist es genauso, wie wir mit einem Blick sehen können.
Also - ich würde die Brücken an den Buchsen II und III des Mixers herausnehmen und dafür welche in die Stecker meiner symmetrischen Mikrofone einlöten, natürlich zwischen die Kontakte 1 und 2. Wenn Sie sich jetzt einen fertigen Kabelübertrager kaufen und ihn zwischen Ihr symmetrisches Mikrofon und dem Tonbandgerät einschalten, dann wird das sehr wahrscheinlich laut brummen, und das wäre schon alles. Dieser Kabelübertrager ist nämlich für die asymmetrischen HN-Mikrofone gedacht.
Und immer noch kein Ende mit den Anschlüssen
Ihm fehlt auf der niederohmigen Seite die berühmte Brücke zwischen Kontakt 1 und 2, denn die würde den hochohmigen Anschluß des HN-Mikrofones bekanntlich kurzschließen. Das symmetrische Mikrofon braucht aber diese Brücke. Also: müssen Sie eine einlöten. Das können Sie am besten im Kupplungsstecker des Übertragers machen. Man könnte also sagen: hochohmig auf 1 und 2, niederohmig auf 3 und 2. Leider gibt es Fälle, wo das nicht stimmt. Hier ist die sogenannte Diodenbuchse eines Tonbandgerätes (Abbildung 4). Hier anschließen, wenn Sie vom Radio überspielen wollen (natürlich nur Schulfunk oder Nachrichtensendungen!). Die Kontakte 1 gegen 2 ergeben den Eingang, die Kontakte 3 gegen 2 den Ausgang. Bei Aufnahme geht die Musik also über den Kontakt 1 in das Gerät hinein und kommt bei Wiedergabe über den Kontakt 3 heraus.
Bei Batterie-Bandgeräten ist es einfacher
Billige Batterie-Bandgeräte haben nur eine Eingangsbuchse. Sie ist genauso beschaltet wie die Diodenbuchse. Und da liegt der Hase im Pfeffer: dank der Transistoren sind diese Geräte niederohmig.
Wir haben also plötzlich den regelwidrigen Fall, daß hier ein niederohmiger Eingang an den Kontakten 1 und 2 liegt. Würden wir ein HN-Mikrofon da anschließen, so ginge seine hochohmige Seite in das Gerät: die Anpassung stimmt nicht. Das symmetrisch-niederohmige Mikrofon dagegen müßte plötzlich eine Brücke zwischen 3 und 2 haben!
Was tun? Nun, für das HN-Mikrofon macht man sich einen Adapter, bestehend aus einer Kupplung, einem Stecker und einem Stückchen Kabel. An der Kupplung wird er auf 3-2 geschaltet, am Stecker auf 1-2. Das symmetrische Mikrofon muß ein eigenes Anschlußkabel bekommen, das dann auf die Kontakte 1 und 2 geschaltet ist und in der Kupplung die berühmte Brücke von 3 nach 2 hat.
Die Stereomikrofone
Nun kommen wir zu den Stereomikrofonen. Grundsätzlich ist es bei diesen um keinen Deut anders. Wir haben es hier lediglich mit zwei Mikrofonen und zwei Eingängen zu tun. Hat dieses Stereomikrofon, das wie gesagt zwei Kapseln besitzt, zwei Anschlußstecker, dann bleibt alles beim alten. Die Stecker sind dreipolig und entsprechend dem Widerstand geschaltet. Aus Erparnisgründen nimmt man aber auch gern einen gemeinsamen Stecker für beide Mikrofone, der dann fünfpolig ist.
Das für die linke Seite bestimmte Mikrofon ist wie bisher angeschlossen: hochohmig auf Kontakt 1, niederohmig auf Kontakt 3 (Masse wie immer an Kontakt 2). Das rechte Mikrofon benutzt die beiden zusätzlichen Stifte, hochohmig auf Kontakt 4, niederohmig auf Kontakt 5.
Der Regiemixer und Stereo
Wenn wir uns die Buchsen II und III des Regiemixers daraufhin noch einmal ansehen, werden wir etwas raffiniertes entdecken:
Da niederohmig, werden hier die Kontakte 3 und 5 benutzt. Stecken wir den fünfpoligen Stecker eines Stereomikrofons in die Buchse II, dann ist alles wie es sein soll: das linke System geht über Kontakt 3 und bleibt links, das rechte System geht über Kontakt 5 und kommt dabei nach rechts. Stecken wir den Stecker in die Buchse IM, dann werden die Seiten vertauscht!
Ein Beispiel : Das Grundig TK 46 oder 47
Der Wissenschaft halber betrachten wir nun die Buchsen eines Stereo-Tonbandgerätes, hier vom TK 46 oder 47 (Abbildung 5). Sie sind genau das Gegenteil von denen am Regiemixer, denn sie sind hochohmig. (Die TK46 und 47 sind Röhrengeräte.)
Aber sonst ist es genauso: steckt man den Stecker in die Buchse L, dann ist alles, wie es sein soll. Nimmt man die Buchse R, dann werden die Seiten vertauscht. Normale Mikrofone mit dreipoligen Steckern werden auch hier wieder ganz normal hochohmig über die Kontakte 1 und 2 angeschlossen - Masse wie immer an Kontakt 2. Noch Fragen? - Aah, die Verlängerungsleitungen!
Ja, wenn Sie sich selbst welche machen wollen: Da man ja nur nieder-ohmig ein Mikrofon verlängern kann, werden diese Leitungen auf die Kontakte 3 und 2 geschaltet. Man nimmt einadriges Mikrofonkabel. Das ist ein Kabel mit einer Ader und dem Abschirmgeflecht ringsherum. Die Ader kommt in der Kupplung wie im Stecker an die Kontakte 3, die Abschirmung zwangsläufig an die Kontakte 2. Die Kontakte sind in den Kupplungen, Steckern und Buchsen übrigens numeriert. Für ein HN-Mikrofon genügt das schon, und wenn Sie kein Transistormischpult haben, müssen Sie nur noch zwischen Verlängerung und Bandgerät den Übertrager einschalten. Beim symmetrischen Mikrofon gilt das gleiche - nur dürfen Sie die berühmte Brücke zwischen den Kontakten 1 und 2 nicht vergessen, die das Mikrofon ja erst asymmetrisch macht. Die löten Sie am besten in die Kupplungen der Verlängerungen ein.
Das wär's! Wie sagte Karl Valentin? „So einfach ist's - und man kann sich's doch nicht merken!"
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