"tonband" - Heft 2 • Mai 1966 • 3. Jahrgang
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KONDENSATOR MIKROFONE FÜR HEIMTONBANDGERÄTE ? (Stand 1966 !!)
Nach "überlieferter" Auffassung sind Kondensator-Mikrofone fast ausschließlich dem professionellen Einsatz, also Funk, Film, Fernsehen und Schallplattenindustrie vorbehalten. Diese Meinung dürfte dadurch entstanden sein, daß die Anschaffungskosten eines herkömmlichen Kondensator-Mikrofons in Niederfrequenzschaltung wegen des zwangsläufig hohen Aufwandes für seine Schaltung und seine Stromversorgung in einem allzu ungünstigen Verhältnis zu den Anschaffungskosten eines Heimtonbandgerätes standen.
Kondensator-Mikrofone von 1966 immer noch mit Röhren
Bekanntlich muß ein Niederfrequenz-Kondensator-Mikrofon wegen des kapazitiven Quellwiderstandes der Kondensatorkapsel an eine sehr hochohmige Eingangsschaltung angeschlossen werden. Da bis heute Schaltungen mit Feldeffekt-Transistoren noch kein ausreichend gutes Rauschverhalten zeigen, wird für Niederfrequenz-Kondensator-Mikrofone in Studioqualität immer noch fast ausschließlich die besonders kling-und brummarme gleichstrombeheizte Spe-zialröhre AC 701 verwendet. Sie bedarf natürlich einer besonders gut gesiebten und damit kostspieligen Heiz- und Anodenstromversorgung!
Anders beim Hochfrequenz-Kondensator-Mikrofon
(Bild 1). Hier wird die Tatsache ausgenutzt, daß die Resonanzfrequenz eines aus einer Induktivität und der Kondensator-Mikrofonkapsel bestehenden Schwingkreises beim Besprechen des Mikrofons, also beim Verändern der Kapazität der Kondensatorkapsel, fortwährend schwankt. Zwei Schaltungsmöglichkeiten zur Ausnutzung dieses Effekts bieten sich an:
1. Die Kondensatorkapsel wird Bestandteil eines aus praktischen Erwägungen beispielsweise auf 10 MHz schwingenden Oszillators (Bild 2), der beim Besprechen des Mikrofons somit ein frequenzmoduliertes Signal abgibt. Dieses Signal braucht nur noch einem auf diese Frequenz abgestimmten Diskriminator zugeführt zu werden, um die dem 10-MHz-Signal aufmodulierte Niederfrequenz zu erhalten. Diese Schaltung läßt sich vollständig mit Transistoren aufbauen; ihre Schwierigkeit liegt lediglich in der serienmäßigen Beherrschung eines möglichst geringen Generatorrauschens des frequenzmodulierten Oszillators.
Aus diesem Grunde entstand die folgende, auch technisch interessantere Schaltung:
2. Wieder wird ein Oszillator etwa auf 10 MHz verwendet (Bild 3), der jedoch quarzstabilisiert ist, so daß er eine völlig konstante Frequenz mit außerordentlich geringem Generatorrauschen abgibt. Diese Hochfrequenz wird wiederum einem Diskriminator zugeführt, in dem als frequenzbestimmende Kapazität die Mikrofon-Kondensatorkapsel dient. Die Mittenfrequenz dieses Diskriminators pendelt also fortwährend in Abhängigkeit von der Beschallung des Mikrofons. Damit entsteht ein Effekt ähnlich dem, der uns glauben macht, die Sonne drehe sich um die Erde: Der in seiner Mittenfrequenz schwankende Diskriminator „sieht" das ankommende frequenzkonstante Hochfrequenzsignal so, als sei seine eigene Frequenz konstant und die Frequenz des ankommenden Signals schwanke.
Die entstehende demodulierte Niederfrequenzspannung ist identisch mit der in Schaltung (1), jedoch mit einem wesentlich besseren Rauschabstand. Auch diese Schaltung kann vollständig transistorisiert werden.
Vergleich der beiden Varianten
Während beim Niederfrequenz-Kondensator-Mikrofon ein relativ hoher und dabei gut gesiebter Heizstrom und eine hohe und ebenfalls gut gesiebte Anodenspannung benötigt wurden, liegt der Spannungsbedarf eines transistorisierten Hochfrequenz-Kondensator-Mikrofons nach Schaltung (3) in der Größenordnung von 6 bis 12 V und sein Stromverbrauch etwa bei 5 mA. Daß hierfür kein so aufwendiges Stromversorgungsgerät nötig ist, leuchtet ohne weiteres ein. Tatsächlich liegen die für derartige Hochfrequenz-Kondensator-Mikrofone angebotenen Stromversorgungsteile etwa bei DM 160.-.
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Noch eine Varaiante in Richtung preiswert
Es gibt für diese Hochfrequenz-Kondensator-Mikrofone jedoch noch zwei andere, erheblich preisgünstigere Stromversorgungsmöglichkeiten:
1. Ein auf das Mikrofon aufschraubbarer Batterieadapter (Bild 4) wird mit sieben Quecksilberzellen zu je 1,2 V gefüllt, die bei intermittierendem Betrieb etwa 50 Betriebsstunden ermöglichen. Dieser Batterieadapter läßt sich anstelle der Quecksilberzellen vom Typ RM 625 auch mit wiederaufladbaren DEAC-Pillen vom Typ 50 DK bestücken, die nach einer vollständigen Aufladung etwa 10 Betriebsstunden ermöglichen.
2. In netzbetriebene und batteriebetriebene Tonbandgeräte, in denen eine mit 50 mA belastbare Spannung von mindestens 15 V zur Verfügung steht, die gar nicht einmal sonderlich gut gesiebt zu sein braucht, läßt sich mit geringem Aufwand eine Glättungs- und Stabilisierungsschaltung (Bild 5) einbauen, die den Anschluß von wahlweise einem oder zwei
Hochfrequenz-Kondensator-Mikrofonen zuläßt und damit auch für Stereo-Tonbandgeräte geeignet ist.
Da durch den Transistor die glättungswirksame Kapazität des Kondensators C1 im Verhältnis seiner Stromverstärkung vergrößert wird, kann dieser Kondensator bei optimaler Glättungswirkung der Gesamtschaltung sehr klein gewählt werden, so daß sich die insgesamt 12 Bauelemente auf einer Fläche von nur wenigen Quadratzentimetern unterbringen lassen. Dafür dürfte in jedem Heimtonbandgerät noch Platz sein.
Mit dieser Technik bis 50m Zuleitungslänge
Da die für Heimtonbandgeräte wohl ausschließlich in Frage kommenden Hochfrequenz-Kondensator-Mikrofone mit unsymmetrischem Ausgang eine Quellimpedanz von nur 100 Ohm und dabei eine Empfindlichkeit von 2 mV/ubar aufweisen, kann man sie ohne Qualitätseinbuße mit kapazitätsarmen abgeschirmten Kabeln (80 pF pro m) auf bis zu 50m verlängern. Erst bei dieser Leitungslänge entsteht bei 20kHz ein Dämpfung von 1dB; eine Verdoppelung der Leitungslänge bringt einen Abfall bei derselben Frequenz von 2dB. Da die Empfindlichkeit eines Hochfrequenz-Kondensator-Mikrofons praktisch dem eines guten dynamischen Mikrofons mit angeschlossenem Übertrager 1:15 entspricht, liegt die spannungführende Ader auch auf Punkt 1 des dreipoligen Normsteckers nach DIN 41524. Deshalb kann ein Hochfrequenz-Kondensator-Mikrofon mit dieser Steckerbeschaltung ohne weiteres an den hochohmigen Mikrofoneingang von röhrenbestückten Heimtonbandgeräten angeschlossen werden.
Anpassungen an niederohmige Eingänge
Für den Anschluß eines solchen Mikrofons an den mittelohmigen oder niederohmigen Eingang von transistorisierten Heimtonbandgeräten mit einer Eingangsempfindlichkeit in der Größenordnung von 0,2 mV bedarf es dagegen der Vorschaltung eines Spannungsteilers, wenn man nicht fortwährend auf dem untersten Teil des Aussteuerungsreglers arbeiten will.
Die beiden 1/8 Watt-Widerstände von 2 kOhm und 200 Ohm für diesen Spannungsteiler lassen sich mit geringer Mühe im Stecker der Anschlußleitung für das Hochfrequenz-Kondensator-Mikrofon unterbringen, so daß keinerlei Adapter für die jeweilige Verwendung des Hochfrequenz-Kondensator-Mikrofons an dem betreffenden Tonbandgerät nötig ist.
Zur Vorliebe von Kondensator-Mikrofonen (in 1966)
Zum Abschluß noch einige Überlegungen zu der Frage, warum Kondensator-Mikrofone selbst von anspruchsvollen Amateuren den besten dynamischen Mikrofonen vorgezogen werden, so daß beispielsweise beim letzten Nationalen Wettbewerb der besten Tonaufnahme (NWT 1965) bereits Aufnahmen eingereicht wurden, die mit Hochfrequenz-Kondensator-Mikrofonen angefertigt worden waren.
Am Frequenzgang kann es schwerlich liegen; denn hochwertige dynamische Mikrofone erreichen praktisch denselben gradlinigen Frequenzgang (Bild 6), wie er für Kondensator-Mikrofone typisch ist.
Auch die Klirrfaktorwerte beider Mikrofontypen liegen so weit unter der Hörbarkeitsgrenze, daß sie nicht der Anlaß für die unterschiedliche Beurteilung des Klangbildes von dynamischen und von Kondensator-Mikrofonen sein können.
Als eine mögliche Erklärung wird von Fachleuten das gute Einschwingverhalten des Kondensatormikrofons gegenüber dem dynamischen Mikrofon vorgebracht. Die Masse seiner Membran beträgt nur einen Bruchteil der Masse von Membrane und Spule des dynamischen Mikrofons. Meßtechnisch untermauert ist diese Auffassung jedoch nur für tiefe Frequenzen. Der flache Empfindlichkeitsabfall des Kondensatormikrofons führt hier zu wesentlich geringeren Einschwingverzerrungen als der steile Abfall dynamischer Mikrofone.
Bei Richtmikrofonen spielen die geringeren Abmessungen des Kondensatormikrofons eine wesentliche Rolle. Ein dynamisches Nierenmikrofon kann beispielsweise eine echte Nierencharakteristik nur bis zu mittleren Frequenzen haben; bei höheren Frequenzen geht sie in eine Druckstaucharakteristik über. Bei Kondensatormikrofonen kann man die Nierencharakteristik bis zur oberen Frequenzgrenze konstant halten.
Schließlich ist wegen der geringen Masse des schwingenden Systems die Körperschallempfindlichkeit des Kondensatormikrofons wesentlich geringer.
In jedem Falle läßt sich heute schon erkennen, daß auch für hochwertige Heimtonbandgeräte die Verwendung von Transistor-Kondensator-Mikrofonen sich durchzusetzen beginnt. Dem Vernehmen nach werden einige HiFi-Tonbandgeräte-Neuerscheinungen in nicht allzu ferner Zeit bereits serienmäßig die oben ausführlich beschriebene Speisemöglichkeit für Transistor-Kondensator-Mikrofone aufweisen, so daß dann noch bessere Voraussetzungen für deren Einsatz gegeben sind.
W.