Aus der Funkschau 1982 Heft Nr. 24
"100 Jahre Ton- und Bildspeicherung"
Artikel Nr. 49 (von 72)
von Prof. Dr. hc. Walter Bruch in 1982
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Und wieder war es das Militär, das eine Erfindung voran trieb.
Für die Bedürfnisse der „Wehrmacht" im Zweiten Weltkrieg werden tragbare Kompaktgeräte konstruiert.
Die für die Wehrmacht bestimmten Magnetofone sollten das für den militärischen Einsatz vorgeschriebene Einheitsformat für Funkgeräte haben. Sie sollten daher in Wehrmachtstornister eingebaut sein, in so eine Art von Munitionskisten, deren Gesamtgewicht 25kg nicht überschreiten sollte. (Der Verfasser hat sich ebenfalls mit diesem Gewichtslimit herumgeschlagen müssen, als er die ersten Tornisterfernsehanlagen entwickelte.)
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Es entstanden die Geräte Tonschreiber „b", Tonschreiber „c" und Tonschreiber „d", über die aus militärischen Gründen aber seinerzeit nichts veröffentlicht werden durfte.
Vom Koffergerät K4 mit Zubehör ausgehend (Bild 50), entstand 1939 das hochwertige Gerät für Kriegsberichterstatter, Tonschreiber „d", auch „Dora" genannt. Mit 77cm/s Bandgeschwindigkeit, einem Frequenzbereich von 50-6000Hz und guten Gleichlaufeigenschaften war das aus einem Batteriekoffer betriebene Gerät auch bedingt für Musikaufnahmen geeignet (Bild 51).
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Des Tonschreiber „d"
Eine andere Ausführung dieses Gerätes zeigt Bild 52. Nach der Erinnerung des Verfassers wurde eine Version des Tonschreibers „d" auch von der Firma Lorenz gebaut.
(Technische Daten: Bandgeschwindigkeit 77 cm/s, 10 min Laufzeit für 500 m Tonband, Frequenzbereich 50 6000 Hz; drei Tonköpfe (Löschen, Aufnahme, Wiedergabe), 12-V-Batteriebetrieb, Erzeugung der Anodenspannung für die Röhren (3 x RV 12 P 2000) durch Wechselgleichrichter)
Mit seinen schweren Motoren und den als zusätzliches Gewicht noch hinzukommenden gewichtigen Batterien, auch eine Anodenbatterie für die Röhren - die Transistoren waren ja noch nicht erfunden -, war man beim Einsatz des Gerätes an der Front jedoch sehr gehindert; an eine Mitnahme beim Fallschirmabsprung war gar nicht zu denken.
Für diesen Zweck entwickelte man daher ein weiteres Gerät, das in zwei Teile aufgeteilt war: Ein Teil war nur für die Aufnahme - für den aktuellen Reportageeinsatz - bestimmt, bei dem zweiten handelte es sich um einen reinen Wiedergabeapparat für die Kontrolle und Bearbeitung der Aufnahmen.
Bild 52. Eine andere Ausführung des Tonschreibers „d" (1940)
Bild 53. Das beweglichste und leichteste Reportergerät entstand 1940 als Tonschreiber „c" (Cäsar). Der Aufnahmeteil (ohne Wiedergabemöglichkeit) enthielt einen Federwerksmotor und benötigte nur eine 4,5-V-Taschenlampenbatterie für die Gleichstromvormagnetisierung und das Mikrofon
Der Tonschreiber „c"
Dieser Tonschreiber „c" (Cäsar) hatte in seinem Aufnahmeteil einen Federwerksantrieb und konnte eine 12cm Spule aufnehmen, die bei einer Bandgeschwindigkeit von nur 19cm/s für 11 Minuten Laufzeit reichte.
Jeweils nach vier Minuten mußte das Federwerk wieder aufgezogen werden. Zum Betrieb war nur eine 4,5V Taschenlampenbatterie für das Mikrofon und die Gleichstromvormagnetisierung erforderlich.
Der Frequenzbereich war 200-2000Hz, also gute Sprachqualität. Mit seinem Gewicht von nur 12kg konnte der Tonschreiber „c" auch beim Fallschirmabsprung eingesetzt werden. Der Verfasser besitzt noch eine Bandkopie der Reportage vom Fallschirmabsprung über Kreta.
Bild 53 zeigt den geöffneten Aufnahmeteil Ton. S. c(A) und Bild 54 den Wiedergabeteil Ton. S. c.(W). Beide Geräte stammen aus dem Baujahr 1940.
Der Tonschreiber „b" - eine Spezialversion für Telegrafie
Von besonderer Art war das „Horchgerät" Tonschreiber „b". Zum stationären Einsatz in Verbindung mit Funkhorchempfängern zur Aufzeichnung fremder Sender bestimmt, war es nur für Wechselstromanschluß ausgelegt. Es hatte eine Einrichtung, um Schnelltelegrafiesignale oder Sprache, im normalen Tempo aufgenommen, erheblich verlangsamt, aber in normaler Tonhöhe wiederzugeben, so daß die Nachricht bequem abgeschrieben werden konnte.
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Auf dem Patentgebiet gab es dafür schon Lösungsvorschläge, z. B. [39]. Die von Schüller verwirklichte Lösung findet sich in einem Patent [41] von 1938. Das Verhältnis von Tonhöhe zu Ablaufgeschwindigkeit muß so verändert werden, daß trotz des langsamen Bandlaufes die ursprüngliche Tonhöhe erhalten bleibt. Dazu muß man genügend kleine Abschnitte der Tonaufzeichnung jeweils periodisch wiederholen, indem man sie nacheinander mit zeitlich aufeinanderfolgenden Spalten mehrfach abtastet.
Das Grundprinzip kann man sehr gut an Fig. 1 in Schüllers amerikanischer Patentschrift [40] erkennen (Bild 55). Mehrere Ringköpfe - im Beispiel sind es vier - rotieren gegenläufig zur Bandbewegung, wobei die Kopftrommel vom Band so umschlungen ist, daß das Band in einer Länge anliegt, die dem Abstand von zwei aufeinanderfolgenden Spalten entspricht.
Die vier Ringköpfe sind nach Schüllers deutschem Patent [41] in einer einzigen Kombination zusammengefaßt (Bild 56a und b). Damit keine störenden Knackgeräusche beim Übergang von einem Kopfspalt zum nächsten auftreten, machte Schüller den Obergang weich, indem er die Kopftrommel in einer leichten Schräglage zur Spur rotieren ließ (Bild 57).
Bild 55. In Schüllers amerikanischem Patent [40] ist das Prinzip der Dehnung mit vier auf einer Kopftrommel angeordneten Ringköpfen anschaulich dargestellt.
Bild 56a. So wurden die vier Köpfe für die Dehnung nach Schüllers deutschem Patent [41] zu einem Spezialkopf mit vier Spalten zusammengefaßt.
Bild 56a. Über einen Kollektor (in Abb. 2) werden die Signale abgenommen.
Bild 57. Durch eine Schräglage der Kopftrommel zur Tonspur wird ein weicher Übergang von Spaltsignal zu Spaltsignal erreicht (Abb. 3 im Patent [41]).
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Tonschreiber „b" - 3 Koffer und 4 Motoren
Der 1939 konstruierte Tonschreiber „b" hatte - bedingt durch die Dehnungsmöglichkeit - ein sehr weit von den bisher bekannten Geräten abweichendes Laufwerk, das einen eigenen Koffer ausfüllte (Bild 58).
Es enthielt einen Motor für den Antrieb der Spulen vorwärts oder rückwärts sowie einen Synchronmotor für den Antrieb der Tonrolle. Da es sich bei letzterem um einen nicht selbstanlaufenden Synchronmotor handelte, war er mit einem dritten Motor gekuppelt, der ihn anwarf. Und dann kam noch ein vierter Motor hinzu, der die Kopftrommel, den sogenannten „Dehner", antrieb.
In einem zweiten Koffer war ein 20W Röhrengenerator für den Antrieb der Synchronmotoren untergebracht, dessen Frequenz von 20Hz bis 300Hz veränderbar war. Außerdem enthielt er den Aufnahme- und Wiedergabeverstärker. Schließlich gehörte zur Ausrüstung noch ein dritter Koffer mit Ersatzteilen und Reservespulen.
Es wäre noch zu erwähnen, daß bis Kriegsende alle Tonbandgeräte mit dem 6,5 mm breiten Tonband arbeiteten.